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Vorwort - Einladung nach Loitz in die Kirche St. Marien

Loitz – wo liegt Loitz? Wie spricht man das wohl aus? Die erste Frage dürften wohl alle Auswärtigen stellen, ja sogar Einwohner unseres Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Die zweite Frage die Neugierigen, die das kleine pommersche Landstädtchen in Augenschein nehmen wollen oder das erste Mal dort sind. 

Loitz liegt an der Peene. Die ist schon eher bekannt. Wassertouristen auf dem „Amazonas des Nordens“ könnten an der hübschen kleinen Marina in Loitz angelegt haben, den mächtigen Speicher verwundert bemerkt und ein paar Meter weiter die lebensgroße Bronzestatue einer jungen Frau in Renaissancekleidung angestaunt haben. Eine Tafel informiert, wen sie da vor sich sehen. Die hier schelmisch das Weinglas erhebt, das ist Sophia Hedwig, Herzogin von Pommern-Wolgast, aus dem Fürstentum Braunschweig-Lüneburg gebürtig. Eine Herzogin, eine Welfin, in diesem kleinen Ort? Wie kam sie wohl hierher?

Aus Wolfenbüttel kam sie, zog 1577 als knapp 17jährige Braut nach Wolgast zu ihrem künftigen Gemahl Herzog Ernst Ludwig aus dem Greifengeschlecht. 

16 Jahre später schon war sie Witwe, und mit ihren drei Kindern und einem Hofstaat wechselte sie aus dem Wolgaster Schloss in das nicht weit von Wolgast entfernte Loitzer Schloss, ihren Witwensitz. 

Sie bewohnte es bis zu ihrem Tod 1631. –  Loitz hatte also, genau wie Wolgast,  ein prächtiges Schloss. Beide Schlösser stehen nicht mehr, nicht mal Ruinen zeugen von dem einstigen Leben. Die Kriege des 17. Jahrhunderts leisteten - wie überall in Pommern - ganze Arbeit! 

Das Schloss (an der Stelle des Speichers) ist also verschwunden. In ganz Vorpommern erinnert nur noch ein herrschaftliches Baudenkmal  an die Greifendynastie, das Renaissanceschloss in Ludwigsburg (erbaut 1577) in der Nähe von Greifswald. Übrigens ein Brautgeschenk des Wolgaster Herzogs Ernst Ludwig an seine schöne Prinzessin aus dem Braunschweigischen. 

Doch halt – auch in Loitz, in diesem so kleinen, unauffälligen, immerhin sehr alten Städtchen hat ein Zeugnis herzoglicher pommerscher Repräsentanz und Memorialpflege überlebt. Und zwar in der das Stadtbild prägenden Kirche St. Marien! 

Sie beherbergt ein seltenes, einmaliges kulturhistorisches Juwel - 62 Wappentafeln der Vorfahren Sophia Hedwigs.  1621 hatte sie (ursprünglich wohl) 32 Wappentafeln für diese auch als Schlosskirche genutzte Kirche anfertigen lassen, 23 überdauerten die Jahrhunderte.* Blickfang ist eine große Tafel mit ihrem Porträt als Witwe und dem ihres (verstorbenen) Gemahls Ernst Ludwig. Umgeben ist sie von Wappen und Namen ihrer Vorfahren, ebenso auf Holztafeln gemalt. Diese heraldische Ahnengalerie schmückte den Fürstenstuhl, ihre Loge in der Kirche. Den Fürstenstuhl, ursprünglich gegenüber der Kanzel, gibt es leider nicht mehr. 

Genealogische Programme zeugen nicht nur vom Repräsentationsverhalten des Adels. Sophia Hedwigs Blick auf das jeweilige Wappen mit den dazugehörigen Namen, verbunden mit Wissen über die Vorfahren aus der Mutter- und Vaterlinie, baute sozusagen ihr Selbst-Bild auf, bildete im direkten Wort-Sinne ihr dynastisches und persönliches Selbst-Bewusstsein. So konnte sie sich in Geschlechterzusammenhänge in ganz Europa verorten – von Skandinavien bis nach Ungarn, von Lothringen bis nach Masowien und Litauen. Sogar aus Kurfürsten- und Königshäusern kamen die Frauen und Männer „hinter“ den Wappen. 

Zentrale Ereignisse der europäischen Geschichte verKÖRPERn sich in ihren Vorfahren: die Türkenkriege im Süden, die Kämpfe im Osten um den Deutschordensstaat und vor allem die Ereignisse der Reformation und der Konfessionskämpfe im Reich, die bis in die Familien reichten. Und ebenso konnten in den Personen und ihrem Schicksal Grundlegendes des (fürstlichen) Lebensalltags er-innert werden: bei Männern das Leben als Regent und der Tod in der Schlacht, bei Frauen ihr Schicksal als Töchter, Bräute, Ehefrauen und ein früher Tod im Kindbett. 

Begeben Sie sich mit der Lektüre dieses oder jenes biographischen Porträts in vergangene Zeiten! Versetzen Sie sich in die Herzogin, die über die immerhin abstrakte Form eines Wappens, dem „Bild“ eines Ahnen oder einer Ahnin, die recht konkrete Geschichtlichkeit ihres Lebens erfuhr. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Das sind Fragen, die über die 400 Jahre hinweg uns mit ihr verbinden. 

                                                               Monika Schneikart,  Greifswald   2025

 

 

Die Identifizierung der Wappen sowie der 62 Vorfahren der Herzogin Sophia Hedwig leistete Ralf-Gunnar Werlich in seinem Aufsatz „Die heraldische Ahnengalerie der Herzogin Sophia Hedwig von Pommern-Wolgast, geborene Herzogin von Braunschweig-Wolfenbüttel“ in dem Band „Loitz – Stadt an der Peene. Beiträge zur Geschichte und zu ihren Bau- und Kunstdenkmalen. Hg. v. Dirk Schleinert u. Ralf-Gunnar Werlich. Schwerin: Thomas Helms Verlag 2008.

 

*Folgende Wappentafeln gingen im Laufe der Jahrhunderte verloren: Nr. 3, 30-35, 44-47 und 58-63. Die Tafel zu Nr. 3 wurde 2025 neu angefertigt.

 

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